berlin ist eine reise wert

Freitag Abend: Ankunft am Hauptbahnhof. Entgegen sonstiger Gewohnheiten und wegen des blöden Notebooks in der Tasche nahm ich die Rolltreppe. Bin dann auf dem Weg aus dem Keller zum S-Bahn-Bahnsteig ziemlich bald am Hertha-Shop vorbei gekommen und ertappte mich dabei, leise, ganz leise vor mich hinzumurmeln: Absteiger, Absteiger. Anschließend freute ich mich darüber, in der kommenden Saison einen Grund mehr zu haben, meine alte Wahlheimat aufzusuchen.

Samstag wunderte ich mich, welche Dimensionen das Fest rund um den Karneval der Kulturen angenommen hat. Wenn das so weitergeht, stehen im kommenden Jahr die ersten Buden auf dem Friedhof. Leider habe ich vergeblich den Stand mit dem leckeren Schumacher-Alt gesucht. Schade. Am Kölsch-Stand erlebte ich einige sich schon in Feierlaune befindliche Bayernfans. Das hat das Kölsch auch nicht besser gemacht. Und gewonnen haben die später auch nichts.

Als ich während des Spiels durch Charlottenburg trottete, kam es mir so vor wie bei der WM 2006. Da es recht warm war, saßen vor allen Kneipen Menschenmassen, die den Bayern beim Verlieren zusahen. Ich fand das schon ein wenig irritierend, dass sich auf einmal alle Welt für so ein blödes Europapokalendspiel interessierte.  Wenigstens blieb mir dank des Ergebnisses der Autokorso über den Kudamm erspart.

Bevor es am Sonntag wieder gen Hamburg ging, machte ich noch einen kleinen Abstecher ins Deutsche Historische Museum, um mir die Sonderausstellung ‚Das XX. Jahrhundert‘ anzusehen. Auch wenn mir einige der politischen Fotos schon bekannt waren, so gab es eine Vielzahl neuer und beeindruckender Fotografien zu sehen. Selbst der Sport hatte eine eigene kleine Stellwand mit insgesamt 16 Fotos zugewiesen bekommen. Zu den ausgewählten Fotos zählten je eines von der WM 1954 und der von 1970 mit Pele sowie Rosemarie Ackermanns Sprung über die zwei Meter. Dazu Emil Zatopek, Max Schmeling und Ajax. Nein, nicht Amsterdam, sondern der Polizeihund.

Ich dachte, ich sehe nicht recht. 16 Fotos und eines davon mit Fortuna. Zugegeben, das Resultat und die sich daraus ergebenden Folgen (Fortuna verlor am 5. April 1959 gegen die Kicker aus der verbotenen Stadt mit 3:4 und konnte sich somit nicht für die Endrunde zur deutschen Meisterschaft qualifizieren) waren nicht gerade angetan, Begeisterungsstürme bei mir auszulösen, aber trotzdem. Kein Netzer, kein Beckenbauer, kein Klinsmann, kein Ballack, nein. Dieter Wöske schaffte es, in die Ausstellung über das XX. Jahrhundert zu kommen. Glückwunsch an ihn und die Fortuna. Und ich wusste einmal mehr: Berlin ist eine Reise wert.